Startup PR – Eine Gleichung mit vielen Unbekannten

Startup-PR gibt es nicht. Und irgendwie gibt’s sie doch. Constanze von Kettler hat vor knapp fünf Jahren eine PR-Agentur gegründet und hat bereits zahlreiche Startups in Sachen Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Wir haben mit ihr über PR für Startups gesprochen.

Ja, was denn jetzt? Gibt es Startup-PR?

Es gibt Startup-Medien, so wie Euch, Deutsche Startups oder auch die Gründerszene, das sind aber im Grunde alles Medien für die Szene. Konkret: Wenn die Gründer etwa einen Fahrradantrieb an den Markt bringen wollen, dann sind die Journalisten, die das interessiert, im Bereich Technik und Motor zu suchen, wenn es um ein Tool für Menschen mit Kinderwunsch geht, ist das was für Journalisten, die sich mit Frauen bzw. Medizin beschäftigen. Soweit so klar.

Um neue Produkte, die von Startups erfunden werden, bekannt zu machen, sind PR-Maßnahmen in den klassischen Printmedien, im Hörfunk, TV und im Internet ungemein wichtig. Publikumszeitschriften empfehlen oftmals neue Produkte oder Dienstleistungen und Verbrauchermagazine leben von Ratgeberthemen. Liefert man als Startup dazu passende Inhalte mit Mehrwert oder stellt Testprodukte zur Verfügung, hat man gute Anknüpfungsmöglichkeiten für eine Presseerwähnung.

Im Grunde greift PR immer dann, wenn die Geschichte des Unternehmens gut erzählt ist, wenn die betreuende Agentur gemeinsam mit den Unternehmern einen guten Aufhänger findet. Das gilt für alle Branchen. Hier sind wirklich Profis gefragt, denn die Geschichte muss durch und durch journalistisch sein und darf nicht ins Marketing rutschen. Das grenzen viele leider nicht gut genug ab.

Portrait der Gründerin und Inhaberin der Agentur Team Code Zero
Constanze von Kettler – Gründerin und Inhaberin der Agentur Team Code Zero

Woher stammt Eure Affinität zu Startups?

Die Wiege unserer Agentur stand bei Found Fair Ventures, einem Inkubator in Berlin-Mitte. Wir waren Untermieter bei einem unserer ersten Kunden. Wir hatten zwei Plätze in einem Großraumbüro, das durch Regale von den anderen getrennt war. Abends gab es Bier, mittags wurde häufig auf der dazugehörigen Dachterrasse gegrillt, man sprach den ganzen Tag abwechselnd Englisch und Deutsch, ständig neue Gesichter. Na, und natürlich gab es den obligatorischen Kicker-Tisch. Allerdings brauchten wir für unsere Ideen und vor allem für unsere Telefonate einfach mehr Ruhe und haben uns dann ein anderes, abgeschlossenes Büro gesucht.

Was macht den Reiz an PR für Startups aus?

Es sind in erster Linie die Menschen. Die Gründer sind in der Regel aufgeweckte, witzige Menschen, die sich im Leben was getraut haben, die eine Vision haben. Zudem haben Startups immer eine spannende Idee, das die Journalisten und somit die Öffentlichkeit interessiert. Das macht unsere Arbeit immer wieder spannend, da die Themen so vielfältig sind wie die Ideen dahinter.

Aber sicherlich gibt es doch auch eine Kehrseite?

Manche Gründer sind zu überzeugt von ihrem Produkt. Die wollen das dann in den Medien genau so lesen, wie sie es vorgeben. Wir müssen ihnen dann erst einmal den Unterschied zwischen einer bezahlten Anzeige und Pressearbeit erklären, dass das Produkt an sich so noch kein Thema ist, uns einen guten Dreh überlegen, so dass beide glücklich werden: Die Kunden mit den Veröffentlichungen und die Journalisten-Kollegen mit der Story. Denn die Beziehungen in die Redaktionen können noch so gut sein -Wo keine gute Geschichte erzählt wird, gibt es auch keine Veröffentlichung.

Das ist ja auch immer eine Frage des Budgets…

… ja, das hören wir auch häufig. Viele Kunden würden gern, setzen ihr Geld aber zunächst für vermeintlich wichtigere Themen ein. PR würden sie sich dann leisten, wenn mehr Geld in der Kasse ist. Ohne Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit werden Startups aber eben nicht wahrgenommen. Und auch Investoren sehen gern, wenn das Unternehmen, in das sie investiert sind oder in das sie investieren wollen, auch die entsprechende Präsenz in den Medien, also in der Öffentlichkeit hat. Startups sind darauf angewiesen von potenziellen Händlern, Kunden und Investoren wahrgenommen zu werden. Und was viele aus den Augen verlieren: Der News-Wert ist dann am Größten, wenn das Produkt frisch auf dem Markt ist. Wenn das Startup schon zwei – drei Jahre existiert, ist der beste Aufhänger meist ungewollt verschenkt worden.

Idealerweise ergänzt sich Pressearbeit mit Social-Media- und Anzeigen-Kampagnen. Wobei Pressearbeit sicherlich immer langfristiger gedacht werden muss als die anderen beiden Disziplinen, dafür aber auch nachhaltiger ist und das Unternehmen tiefgründiger dargestellt wird.

Im Netz gibt es viele Tipps für Startups, um die Pressearbeit selbst zu erledigen. Eigentlich müssen Gründer die doch nur beherzigen. Oder?

Naja, die Tipps sind meist auch nicht falsch. Aber Gründer haben ja allerhand Themen auf dem Tisch, und in den meisten Fällen scheitert das Thema am Tagesgeschäft. Viele setzen auch den Marketing-Chef dran, im schlimmsten Fall Praktikanten. Das jahrelange Belegen des Faches Deutsch in der Schule qualifiziert noch nicht, um gekonnt Journalisten anzusprechen. Redakteure haben wenig Zeit, müssen schnell auf Informationen, Fotos und Texte zugreifen können. Da fehlt den meisten, die das so nebenbei machen, das nötige Know-how und der lange Atem. Und natürlich die Zeit. Um effektiv Pressearbeit zu machen, sollte man mindestens 10 Stunden pro Woche investieren, immer wieder nachhaken, sich ein Netzwerk aufbauen. Allein das Organisieren eines Interviews kann sich ziehen und bedarf ständigen Nachhakens, das sollte kein Startup unterschätzen. Und bei einem anstrengenden Tagesgeschäft fällt das meist als erstes hinten herunter.

Ihr haltet also nichts von Pressemitteilungen und der Hoffnung, dass diese für sich sprechen?

Das kann man so nicht sagen, aber Journalisten bekommen eben zig Pressemitteilungen am Tag. Wenn die nicht professionell gemacht sind, also zu lang sind, keinen News-Wert haben oder noch viel dazu recherchiert werden muss, werden sie als erste gelöscht.

Also nochmal zusammengefasst: Worin unterscheidet sich die PR für Startups von der klassischen Pressearbeit für etablierte Unternehmen?

Eigentlich gibt es hier eben keinen Unterschied, daher wundern wir uns immer wieder über den Begriff Startup-PR. Jede gute Idee hat eine seriöse und fundierte Öffentlichkeitsarbeit verdient, die sich aus einem klassischen, journalistischen Handwerkszeug, einem klaren Blick von außen und kreativen Ideen zusammensetzt. Es gilt eigentlich immer abgedroschene PR-Phrasen und Superlative zu vermeiden und gleichzeitig immer das Ziel zu verfolgen, möglichst umfangreiches Pressematerial anzubieten und mit Ideen und aktuellen Aufhängern bei Journalisten zu punkten. Oder anders formuliert: Pressearbeit ist dann gut, wenn sie authentisch ist, gleichzeitig aber professionell Informationen über das Produkt und das Unternehmen vermittelt.

Vielen Dank für das Gespräch.

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